Nach dem Bruch der Ampel-Koalition: Dr. Wolfgang Ritter über die Lage für die Hausärztinnen und Hausärzte

Shownotes

Stärkung der Allgemeinmedizin nicht auf Sankt-Nimmerlein verschieben

„Die Lage der hausärztlichen Versorgung in Stadt und Land verschärft sich von Tag zu Tag. Die Politik hat zwar erkannt, wie wichtig Hausärztinnen und Hausärzte in unserem Gesundheitssystem sind, aber leider werden die entsprechenden Gesetzesinitiativen zur dringend notwendigen Stärkung der Allgemeinmedizin mit dem Bruch der Ampel-Koalition nicht mehr umgesetzt. Diese Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag ist brandgefährlich und nicht akzeptabel“, warnt Dr. Wolfgang Ritter, Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes.

Auf der Delegiertenversammlung des Bayerischen Hausärzteverbandes, die am Samstag, 16. November 2024, in Nürnberg getagt hat, haben deshalb die Hausärztinnen und Hausärzte in einer Reihe von einstimmig verabschiedeten Anträgen Politik und Krankenkassen aufgefordert, die notwendigen Schritte endlich einzuleiten.

„Wir Hausärztinnen und Hausärzte haben unsere Hausaufgaben bereits gemacht. Mit der im Frühjahr 2025 beginnenden Umsetzung des HÄPPI-Konzeptes, den Weiterbildungsangeboten für MFAs bis hin zum Bachelor, den Stipendien für Medizinstudierenden in der Allgemeinmedizin sowie der digitalen Plattform ,Meine hausärztliche Praxis‘ entwickeln wir unsere Praxen Schritt für Schritt zu zukunftsfähigen Teampraxen weiter. Diese nachhaltige Strategie muss im Interesse der Patientinnen und Patienten endlich auch von der Politik und den Krankenkassen nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten unterstützt werden“, so Dr. Ritter.

Konkret fordert der Bayerische Hausärzteverband die Krankenkassen auf, „im Rahmen der Vertragsverhandlungen zu den Verträgen der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) für eine ausreichende Finanzierung der notwendigen Transformationsprozesse der hausärztlichen Praxen zu sorgen“.

In weiteren – ebenfalls einstimmig verabschiedeten – Anträgen richtet sich der Bayerische Hausärzteverband an die Politik. So fordern die Hausärztinnen und Hausärzte die Novellierung der veralteten und intransparenten Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) umgehend durch das Bundesministerium für Gesundheit in Kraft zu setzen.

Dagegen hat sich der im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) verankerte Hausarztver-mittlungsfall als fataler Fehler der Politik erwiesen. „Das Experiment Hausarztvermittlungsfall ist kläglich gescheitert“, heißt es dazu in dem Antrag. Der Grund: Immer häufiger werden Patien-tinnen und Patienten ohne Dringlichkeitsüberweisung von Gebietsfachärzten zurückgewiesen. In vielen Fällen liegt aber keine Dringlichkeit vor und die Zurückweisung führt zu einem erheblichen Mehraufwand in den Hausarztpraxen.

Während die Hausarztpraxen sowie die anderen ambulanten Praxen längst digital an die Telema-tik Infrastruktur (TI) angeschlossen sind, ist dies bei den Kliniken vielfach nicht der Fall, was den sektorenverbindenden Austausch behindert und insbesondere bei der stationären Einweisung von Patientinnen und Patienten zu einem erheblichen Bürokratieaufwand in den Praxen führt. Der Bayerische Hausärzteverband fordert deshalb den Gesetzgeber auf, hier entsprechend nach-zusteuern und – wie im ambulanten Bereich – Sanktionierungsmaßnahmen zu verhängen.

Kein Verständnis haben Bayerns Hausärztinnen und Hausärzte auch für rein renditegetriebene Bestrebungen, das Präventionsangebot in den Apotheken weiter auszubauen. „Prävention ist ein integraler Bestandteil hausärztlicher Tätigkeit“ heißt es dazu in dem Antrag, in dem der Gesetz-geber aufgefordert wird, die Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte in der Primärprävention im SGB V deutlich auszuweiten und zu stärken.

Ebenfalls eine Fehlentwicklung ist die im Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) festlegte Regelung, nach der Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt wird, die Gesundheitsdaten ihrer Versicherten zu nutzen und so zu Leistungserbringern zu werden. „Die Hausärztinnen und Haus-ärzte müssen die primären Ansprechpartner der Patientinnen und Patienten sein. Hier muss der Gesetzgeber klare Leitplanken einziehen“, stellt der Bayerische Hausärzteverband klar.

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